Korea Forum

Korea Forum 2015

Anfang April 2015 erschien das neue Korea Forum 2015. Unter dem Titel »38° und kein Ende in Sicht« werden insbesondere die Teilung Koreas und Perspektiven ihrer Überwindung behandelt.

Im Interview mit Hartmut Koschyk gehen wir der Frage nach, wie sich die Deutsch-Koreanische Zusammenarbeit vor dem Hintergrund der jüngsten nordkoreanischen Bombentests politisch gestalten lässt. Rüdiger Frank beleuchtet zudem den Außenhandel Nordkoreas. In einem Spezial widmen wir uns dem Yasukuni Schrein und seiner Bedeutung 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Kang Su-Dol behandelt den Mythos Park Chung Hee und wie man diesen überwinden kann.  Mit Fotografien von Wenke Seemann und Florian Bong-Kil Grosse.

Das Heft können Sie im Shop des Korea Verbands für 15 Euro zzgl. Versandkosten bestellen:

Zum Shop

Das Editorial können Sie bereits hier lesen oder auch zusammen mit dem Inhaltsverzeichnis herunterladen.

Editorial

38° und kein Ende in Sicht

Auf unserem Cover schauen ein paar  Kinder über die Mauer nach unten, als würden sie etwas hinter der Mauer entdecken. Dabei scheint dort unten nichts zu sein. Nur der weite Himmel am Horizont öffnet sich vor ihnen. In unserer Phantasie wünschen wir uns jedoch insgeheim, dass die Kinder dort etwas entdecken würden, was für uns, Erwachsene, unsichtbar bleibt. Leider fürchten wir, dass auch sie derzeit nichts hinter der Mauer um den 38. Breitengrad entdecken werden.

Der 38. Breitengrad, der die Grenze zwischen dem Norden und dem Süden Koreas markiert, ist eine der schwerwiegendsten Hinterlassenschaften des Zweiten Weltkriegs. Auch 70 Jahre nach Kriegsende, spaltet diese von den Siegermächten oktroyierte, auf dem Reißbrett gezogene Linie, die koreanische Halbinsel und es ist kein Ende dieser Situation in Sicht. Die Teilung Koreas scheint gegenwärtig unüberwindbarer denn je. Die militärischen Provokationen des Nordens, die mit dem vermeintlichen Wasserstoffbombentest im Januar und dem Start einer Langstreckenrakete im Februar 2016 ihren vorläufigen Höhepunkt erreichten, führen zu einer Verhärtung des Konflikts auf der koreanischen Halbinsel. Was versucht Nordkorea damit zu erreichen? Eine mögliche Erklärung bietet der Aufsatz des amerikanischen Politikwissenschaftlers Leon V. Sigal, der eine längerfristige Strategie hinter dem Wettrüsten Kim Jong-Uns vermutet, die darauf abzielt, den Westen in Geiselhaft zu nehmen, um politische Freundschaft zu erzwingen. Sein Fazit: Verhandlungen könnten sich lohnen, auch wenn es oftmals anders erscheint.

Doch auch der Süden setzt zusammen mit den USA auf Konfrontation. Südkorea antwortet mit verschärften Sanktionen, der Schließung des Industriekomplexes Kaesong und neuen Anti-Terrorgesetzen. Anstatt eine langfristige Strategie der Annäherung zu verfolgen, agiert die Regierung in Südkorea reaktionär und nutzt die Bedrohung für ihre eigene Militarisierung. Gemeinsam mit den USA wurden im März 2016 die bislang größten Militärübungen zur Invasion Nordkoreas durchgeführt. Die USA treiben mit geplanten Raketenstationen und neuen Militär- und Handelsbündnissen einen Keil zwischen die Staaten Nordostasiens: Südkorea und Japan, die sich auf Drängen der USA zu einer Einigung in der »Trostfrauen«-Frage durchrangen, werden China und Nordkorea gegenübergestellt. Eine friedliche Lösung rückt dadurch in weite Ferne.

Mit der vorliegenden Ausgabe wollen wir Möglichkeiten aufzeigen, wie die koreanische Teilung dennoch überwunden werden kann, und auf die schwerwiegenden Folgen des 38. Breitengrads für die Menschenrechtslage in Nord- und Südkorea hinweisen.

Eine andere Hinterlassenschaft des Zweiten Weltkriegs, die die Geschichte Ostasiens bis heute belastet, ist der Yasukuni-Schrein in Japan, dem wir ein Spezial widmen. Neben zahlreichen Hintergrundinformationen zur Geschichte und gegenwärtigen Problemlage des Schreins lassen wir auch diejenigen zu Wort kommen, die direkt davon betroffen sind. So zum Beispiel die koreanische Aktivistin Lee Hee-Ja, deren Vater als Soldat von der japanischen Armee eingezogen wurde und nach seinem Tod einen Platz im Yasukuni-Schrein erhielt. Für Lee ist dies unerträglich. Sie fordert, ihren Vater aus dem Schrein zu erlösen, der wie kein anderes Denkmal für die Gräueltaten und Verbrechen des japanischen Imperialismus in Ostasien steht.

Nach 70 Jahren Kriegsende ist zwar der Wunsch groß, Vergangenheit als Vergangenheit ruhen zu lassen, doch offenbar lässt sich die Geschichte nicht ohne weiteres verdrängen. Die Vereinbarung zwischen Japan und Südkorea zur »Trostfrauen«-Frage, die am 28.12.2015 überstürzt verkündet wurde, ist ein Beispiel dafür. Statt die Aufarbeitung der Vergangenheit behutsam anzugehen, kehren die beiden Regierungen mit Gewalt die Probleme unter den Teppich. Zum Glück lassen sich die Jugendlichen Koreas dies nicht gefallen und protestieren gegen die Entfernung der Mädchenstatue für den Frieden vor der japanischen Botschaft in Seoul.

Mathias Räther, Yann Werner Prell und Nataly Jung-Hwa Han

Das Editorial können Sie auch hier herunterladen:

Download