Bericht, Presse, Südkorea

Die Corona-Krise gefährdet die Wahlrechte der Südkoreaner*innen in Übersee

Kampagne zu den Parlamentswahlen 2020

Vom heutigen 1. April bis zum 6. April 2020 sollte die Parlamentswahl für die im Ausland lebenden Wahlberechtigen aus Südkorea stattfinden. Doch rund die Hälfte der 172.000 im Ausland registrierten Wahlberechtigten können ihre Stimme nicht abgeben. In 51 Staaten wurden insgesamt 86 Wahllokale wegen der Ansteckungsgefahr mit COVID-19 geschlossen (Stand, am 1. April 2020). Allerdings hätte man in verschiedenen Ländern wie z. B. Deutschland, die Wahl durchführen können, da es hier außer in Bayern keine Ausgangssperre gibt. Ein großes Problem ist, dass Auslandskoreaner*innen noch immer keine Möglichkeit für eine Briefwahl haben. 

Am 27. März 2020 erhielten Überseekoreaner*innen, die sich für die Parlamentswahl registriert hatten, eine E-Mail von der Zentralen Wahlkommission, in der es hieß, dass 22 Wahllokale in 17 Ländern ihre Arbeit einstellen sollten und die Wahlen dort nicht stattfinden können. Die Gefahr einer Infektion mit COVID-19 durch das neuartige Corona-Virus SARS-CoV-2 bei den Wahlgängen würde unter die Naturkatastrophenregelung fallen. Der dreizeiligen E-Mail wurde eine PDF-Datei hinzugefügt, worin als einzige Alternative die Möglichkeit genannt wurde, bis zum 31. März nach Südkorea zu fliegen und sich dort bis zum 1. April zur Wahl zu melden. Bekanntlich sollten alle Flüge von Frankfurt am Main nach Südkorea ab dem 1. April eingestellt werden. Doch wer kann es sich leisten so kurzfristig nach Südkorea zu fliegen, mit der Aussicht in absehbarer Zeit nicht mehr zurückkehren zu können?

Bislang keine allgemeine Briefwahl in Südkorea möglich

Leider gibt es bis jetzt keine Möglichkeit zur Briefwahl in Südkorea. Nur Menschen mit eingeschränkter Bewegungsfreit können eine Briefwahl beantragen, wie Schwerkranke, Häftlinge im Gefängnis, Matros*innen auf See oder Menschen, deren Wohnorte schwer erreichbar sind. In Südkorea selbst bemühte man sich schon seit Anfang März, den Corona-Patient*innen bzw. den Menschen in Quarantäne Wahlzettel per Einschreiben zuzustellen oder mobile Wahlurnen in Krankenhäusern aufzustellen. Erfahrungen mit Wahlmanipulation und Wahlbetrug in den vergangenen Jahrzehnten hinderten Südkorea wohl daran, eine allgemeine Briefwahl zu ermöglichen.

Selbst wenn die deutsche Bundesregierung die südkoreanische Botschaft in Berlin gebeten hätte, die Wahl wegen der Ansteckungsgefahr zu unterbinden, hätte sie sich für die Durchführung der Wahl unter strengen Hygienevorschriften einsetzen können. So ist in Sydney, Australien, die Wahl weiterhin möglich, da sich das Generalkonsulat gegen die Einwände der australischen Regierung und der Polizei gewehrt hatte. Das Wahlbüro konnte dort am 1. April mit der Wahl beginnen.

Initiative von Koreaner*innen in Deutschland gestartet

Auf Facebook wurde eine Initiative von in Deutschland lebenden Koreaner*innen gestartet, die diese Vorgänge publik macht, woraufhin zahlreiche Medien aus Südkorea begannen, darüber zu berichten. Die Online-Petition für eine Briefwahl beim Präsidenten läuft gerade und bislang sind 3.682 Unterschriften eingegangen (Stand: 01. April 2020). Auch eine Verfassungsbeschwerde wurde beim Verfassungsgericht durch den „Demokratischen Anwaltsverband“ (Minbyun) eingereicht. Kurzfristig soll eine einstweilige Verfügung gegen die Entscheidung der Zentralen Wahlkommission beantragt werden, die schließlich, ohne eine Alternative zu bieten, den im Ausland lebenden Koreaner*innen das Grundrecht auf Wahlen entzogen hat. Langfristig wird eine Änderung des Wahlgesetzes gefordert, so dass auch diesen die Briefwahl ermöglicht wird.

„Unter dem Vorwand der Corona-Krise wird eines der wichtigsten demokratischen Grundrechte verletzt“

Nataly Jung-Hwa Han, Vorstandsvorsitzende des Korea Verbands

„Unter dem Vorwand der Corona-Krise wird eines der wichtigsten demokratischen Grundrechte verletzt“, so Nataly Jung-Hwa Han, Vorstandsvorsitzende des Korea Verbands. „Gleichzeitig stellt die jetzige Situation eine Chance dar, um endlich die Briefwahl oder Online-Wahl einzuführen. Die koreanische Wahlkommission hat unsere E-Mail-Adressen bereits, worüber sie mit uns kommuniziert. Da muss es doch die Möglichkeit geben, dass wir online wählen können, was vielleicht sicherer ist als eine Briefwahl. Das müssen nun Expert*innen schnellstmöglich prüfen!“

Pressemitteillung

Die Informationen bieten wir auch als Pressemitteilung gesammelt zum Download an. Darin sind auch Kontaktinformationen für Presseanfragen enthalten. Diese finden Sie auch auf unserer Presse-Seite.

Presseberichte und weitere Informationen:

S. Korea begins overseas voting for April 15 general elections amid coronavirus outbreak, Yonhap News, 01. April 2020

재외국민 투표 중지에 독일·캐나다 교민 헌법소원·가처분 신청, Hankyoreh, 01. April 2020

South Korea Cancels Its Overseas Elections Due to Coronavirus Concerns, The National Interest, 31. März 2020

Over 80,000 overseas Koreans probably won’t be able to vote as embassies close due to coronavirus pandemic, Hankyoreh, 31. März 2020

독일 교민, 재외투표 중지에 ‚헌법소원·가처분‘ 내기로, DAUM News, 31. März 2020

„납득이..“ 재외국민 투표중지에 뿔난 독일 교민, 조목조목 반박, DAUM News, 30. März 2020

미국 등 41개 공관 선거사무 추가 중단…교민 반발, KBS뉴스(News), 30. März 2020

코로나 때문에…절반 가까운 재외국민, 총선 투표 못 해, JTBC 뉴스룸, 30. März 2020:

Das Titelbild zeigt eine Collage von Fotos der Teilnehmenden der Initiative in Deutschland lebender Koreaner*innen.