Nachdem EPRIE 2014 auf die Bildung und Konzepte von Nationen eingegangen war und EPRIE 2015 den Zusammenhang zwischen Nation und Identität beleuchtet hatte, ging EPRIE 2016 der Frage nach, wie Flucht und Migration eine Nation bzw. Region beeinflussen und sie verändern. Das Programm fand vom 24. Juni bis 6. Juli 2016 in Polen (Kreisau und Breslau), Deutschland (Potsdam und Berlin) und Frankreich (Straßburg) statt.
Orientierungsprogramm in Kreisau und Breslau
Das Seminar begann in der internationalen Begegnungsstätte Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung in Polen mit einem interkulturellen Training und persönlichen Vorstellungsrunden, die darauf abzielten, dass sich die Teilnehmenden in ihren vielfältigen Rollen jenseits ihrer Nationalitäten kennenlernen. Mit einem Besuch der Freiluft-Ausstellung „Mut und Versöhnung“ auf dem Gelände der Begegnungsstätte wurde die Serie zu „Nations and Memorials“ der vergangenen Jahre fortgesetzt. Den Abschluss des Aufenthalts in Polen bildete eine Stadtführung durch Breslau. Hierbei wurde auf die massiven Migrationsbewegungen nach dem Zweiten Weltkrieg hingewiesen.
Seminar in Potsdam und Berlin
Als inhaltliche Einführung in das Thema Migration erarbeiteten die Teilnehmenden in ihren Arbeitsgruppen Begriffe und Definitionen zu Flucht, Asyl, (Zwangs-)Migration, Integration und stellten diese im Plenum zur Diskussion, die von Dr. Gudrun Wacker (Stiftung Wissenschaft und Politik) als Seminarleiterin begleitet wurde. Prof. Christian Joppke (Universität Bern, Sachverständigenrat für Integration und Migration) ging auf die lange Geschichte der Migration ein und erläuterten die gegenwärtige Situation in Europa. Prof. Gracia Liu Ferrer (Waseda Universität) stellte die Besonderheiten der Migration in Japan vor, die sich durch Abschottung kennzeichnet. Dr. Sagang Kim (Solidarity with Migrants) stellte die aktuelle Situation von Migrantinnen und Migranten in Südkorea dar, die im Wesentlichen durch Heiratsmigration und Assimilation bestimmt wird.
Podiumsdiskussion: Migration, and integration in East Asia and Europe –same, same, but different
Die öffentliche Podiumsdiskussion „Migration, and integration in East Asia and Europe –same, same, but different” am 29. Juni im taz-café in Berlin, ging der Frage nach, wie eine neue, inklusive Asyl- und Migrationspolitik aussehen kann. Neben dem taz-Journalisten Christian Jakob, der auf die aktive Rolle von Geflüchteten einging, kamen auch Betroffene zu Wort. Ndieg Markus Tresor, ein Aktivist von La Voix des Migrants und CISPM Berlin, stellte ein Video von seinem Aufenthalt vor dem EU-Grenzzaun in Melilla, der spanischen Enklave an der nordafrikanischen Mittelmeerküste in Marokko vor. Als koreanische Aktivistin wies Sagang Kim auf die Situation von Migrantinnen in Südkorea hin, die keine andere Chance auf einen Aufenthalt haben, als durch Heirat.
Besuche bei Organisationen und Gedenkstätten in Berlin
Der Besuch bei „Women in Exile“, einer Initiative von Flüchtlingsfrauen, die sich für die Abschaffung von Lagern einsetzen, hat bei den Teilnehmenden einen tiefen Eindruck hinterlassen. Mit unterschiedlichen Informationskampagnen, in denen sie Frauen in abgelegenen Lagern besuchen und über ihre Rechte aufklären, setzen sie sich dafür ein, dass sie für ihre Rechte im Asylverfahren kämpfen und sich gegen sexualisierte Gewalt, Diskriminierung und Ausgrenzung verteidigen.
In der Erinnerungs- und Gedenkstätte Notaufnahmelager Marienfelde wurde speziell auch auf das Thema Flucht und Ausreise aus der DDR Bezug genommen. Im Gespräch mit einem Zeitzeugen, der ehemals aus der DDR geflüchtet war, erfuhren sie konkrete Beweggründe und wurden anschaulich über die Verfahren unterrichtet, die an eine Aufenthaltsgenehmigung für die Bundesrepublik und West-Berlin geknüpft waren. Auch heute noch dient das Notaufnahmelager als Übergangswohnheim, jetzt vorwiegend für Geflüchtete aus Syrien.
In einer Stadttour zum Thema Migration und Integration wurde auf die lange Migrationsgeschichte der Stadt Berlin hingewiesen, die stets für Einreisende aus dem Osten attraktiv war.
Seminar mit Alumni-Workshop in Straßburg
Parallel zum EPRIE Seminar in Berlin begann die Tagung der Alumni in Straßburg (vom 1. bis 6. Juli). In Workshops stellten die ehemaligen Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre eigenen Forschungsprojekte vor, die thematisch an die EPRIE-Programme der vergangenen Jahre anknüpften und einen Bogen bis hin zum diesjährigen Thema spannten. Dem folgten Gespräche über gemeinsame, zukünftige Aktivitäten in Europa und Asien und lokale Treffen in den jeweiligen Regionen. Das Rahmenprogramm wurde von den Alumni zur jahrgangsübergreifenden Netzwerkbildung und der Integration der diesjährigen Teilnehmer genutzt, die am 3. Juli Straßburg erreichten.
Gemeinsam mit den neuen Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde das Seminar mit einem Vortrag von Professor Prof. Catherine Withol de Wenden der Sciences Po fortgesetzt. In ihrem Beitrag widmete sie sich insbesondere der Migration in Frankreich und der stark variierenden Wahlrechte von Migrantinnen und Migranten. Beim anschließenden Besuch des Europarats diskutierte die Gruppe Strategien zur Entwicklung vielfältiger Städte mit Vertreterinnen des Intercultural Cities Programme und des Committee on Migration, Refugees and Displaced Persons.
Im Europäischen Parlament verfolgten Alumni und Teilnehmer die Debatte zum EU-Referendum in Großbritannien, dessen Ausgang maßgeblich von Versprechungen der EU-Gegner zur Begrenzung der Migration bestimmt wurde. Redebeiträge von Gabi Zimmer, Die Linke, über Rebecca Harms, Die Grünen, bis zu Marie Le Pen, Front Nationale, zeigten die unterschiedlichsten Positionen und machten deutlich, dass sich eine Einigung über den Umgang mit dem Ergebnis des Referendums nur schwer erzielen lässt. Daran schließend wurden auch im Gespräch mit der Abgeordneten Sylvia-Yvonne Kaufmann, SPD, über den Umgang mit der britischen Entscheidung diskutiert und Lösungen wie die europäisch-türkische Vereinbarung erörtert.
Der Besuch der Zentrale von ARTE bildete den Abschluss des Programms. Die Teilnehmer erhielten hierbei Einblicke in die internationale journalistische Praxis zwischen Frankreich und Deutschland und thematisierten die Rolle der Medien in der Debatte um Flucht und Migration.
EPRIE wird vom Korea Verband organisiert. Das Programm wird maßgeblich von der Robert Bosch Stiftung gefördert. Darüber hinaus wird es auch vom Japan-Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung unterstützt.